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Künstliche Intelligenz ermöglicht präzise Prävention von Herz-Stoffwechsel-Erkrankungen

06 August 2021 4minuten

Forschende des Department of Population Health (DoPH) am LIH und der Quantitative Biology Unit (QBU) am LIH haben sich Konzepte von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen zunutze gemacht, um eine für die luxemburgische Bevölkerung repräsentative Stichprobe in verschiedene Risikogruppen einzustufen und damit den Weg hin zu gezielteren Strategien für die Prävention von Herz-Stoffwechsel-Erkrankungen in der Gesamtbevölkerung zu ebnen. Die Ergebnisse wurden am 6. August 2021 in der zum Portfolio von „Nature“ gehörenden Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.        

Die rasche Zunahme der Fallzahlen von Herz-Stoffwechsel-Krankheiten wie Diabetes Typ 2 und Bluthochdruck erfordert dringend bessere Präventionsstrategien. Dabei gilt es, die Vorstellung von einem Patentrezept für alle aufzugeben und stattdessen ein Präzisionskonzept für die Gesamtbevölkerung zu entwickeln. Zu berücksichtigen ist hierbei die hohe Variabilität zwischen einzelnen Menschen, die in Bezug auf genetische Profile, Entzündungen, oxidativen Stress, Insulinresistenz und Blutzuckerspiegel besteht sowie in Bezug auf und das damit einhergehende Risiko, Herz-Stoffwechsel-Störungen zu entwickeln. 

„In diesem Zusammenhang können sich Ansätze, die mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen arbeiten, als sehr nützlich erweisen, um Untergruppen in der Bevölkerung mit unterschiedlichen kardiometabolischen Risikoprofilen zu ermitteln“, erklärt Dr. Guy Fagherazzi, Direktor des DoPH und Erstautor der Publikation.

Dazu setzte das Forschungsteam eine als „teilüberwachte Clusteranalyse“ bezeichnete Technik in der allgemeinen Bevölkerung und in großem Maßstab ein. Mit einem speziellen Satz von 29 verschiedenen kardiometabolischen Merkmalen, der aus der landesweiten Bevölkerungsstudie ORISCAV-LUX 2 zur Verfügung stand, machten sie sich daran, die luxemburgische Bevölkerung nach kardiometabolischen Profilen zu klassifizieren. Herangezogen wurden dafür hauptsächlich der Body-Mass-Index (BMI) − der am häufigsten verwendete Indikator für Adipositas und ein etablierter Risikofaktor für zahlreiche Herz-Stoffwechsel-Störungen − und glykiertes Hämoglobin (HbA1c), ein zuverlässiger Indikator für den Blutzuckerspiegel, der ebenfalls mit vielen Herz-Stoffwechsel-Krankheiten korreliert. 

Die Wissenschaftler stellten fest, dass die 1356 berücksichtigten Teilnehmer in vier verschiedene Cluster gruppiert werden konnten. Konkret gehörten 729 Personen (d. h. 53,8 % der Studienpopulation) zu Cluster 1, der generell durch ein junges Lebensalter, niedrige Blutzuckerspiegel, einen niedrigen BMI, geringe Fettleibigkeit, gesunde Herz-Kreislauf-Parameter und bessere Indikatoren für den Lebensstil gekennzeichnet ist. „Personen in diesem ‚kardiovaskulär gesunden‘ Cluster wiesen daher das niedrigste kardiovaskuläre Alter und ein durchschnittliches kardiovaskuläres 10-Jahres-Risiko von 0 % auf“, erklärt Dr. Fagherazzi. Die 508 Teilnehmer in Cluster 2 „Familiäre Disposition – Übergewicht – hohe Cholesterinwerte“ hatten hauptsächlich Übergewicht mit niedrigen HbA1c-Werten, erhöhten Werten für Gesamt- und LDL (Low-Density Lipoprotein)-Cholesterin sowie eine Häufung von Diabetes und Bluthochdruck in ihrer Familie. „Das durchschnittliche kardiovaskuläre 10-Jahres-Risiko für Cluster 2 war deshalb höher als für Cluster 1 und lag bei 2 %“, fügt Dr. Fagherazzi hinzu. 91 Teilnehmer gehörten zu Cluster 3 „Schwere Fettleibigkeit – Prädiabetes – Entzündung“, der durch Fettleibigkeit sowie einen noch höheren BMI und höhere HbA1c-Werte sowie die höchsten Entzündungswerte gekennzeichnet ist, während die 28 Mitglieder von Cluster 4 „Diabetes – Bluthochdruck – schlechte kardiovaskuläre Gesundheit“ hauptsächlich übergewichtig oder fettleibig waren, hohe Blutzucker- und Blutfettwerte aufwiesen und unter Diabetes und Bluthochdruck litten. Sie wiesen daher das höchste kardiovaskuläre Alter auf und erreichten ein durchschnittliches kardiovaskuläres 10-Jahres-Risiko von 15 %.  

Unsere Arbeit liefert eine gründliche Charakterisierung und damit ein besseres Verständnis der Herz-Stoffwechsel-Gesundheit in der allgemeinen Bevölkerung. Unsere Daten legen nahe, dass ein solcher Clustering-Ansatz nun für die Definition gezielterer und maßgeschneiderter Strategien für die personalisierte Prävention von Herz-Stoffwechsel-Erkrankungen auf der Ebene einer Bevölkerung genutzt werden könnte,

so Dr. Fagherazzi.

Die Ergebnisse könnten deshalb ein Hinweis dafür sein, dass Personen in Cluster 1 von einer allgemeinen Präventionsstrategie profitieren könnten, während für die anderen 3 Cluster möglicherweise ein stärker personalisiertes und intensiveres Konzept zur Verbesserung ihrer Gesundheit notwendig ist, das sich beispielsweise besonders auf das Management von Übergewicht/Fettleibigkeit, eine personalisierte Cholesterinbehandlung und eine gezielte Strategie für das Lebensstil-Management konzentriert oder eventuell sogar bariatrische Chirurgie einsetzt, jeweils abgestimmt auf die individuellen kardiovaskulären Gesundheitsparameter und sozioökonomischen Profile.

Nach der unabhängigen Validierung könnten sich Hausärzte eines Tages auf diese erstellten Profile stützen, um ein besseres Bild von einem neuen Patienten zu bekommen und mehrere Herz-Stoffwechsel-Parameter gleichzeitig zu optimieren,

erklärt Dr. Fagherazzi.

In künftigen Studien könnten außerdem tragbare Geräte (sogenannte „Wearables“) genutzt werden, um objektive Messungen zusätzlicher relevanter Faktoren zu erfassen, beispielsweise körperliche Aktivität, psychische Gesundheit und Schlafqualität; sie können wertvolle Informationen zur Ergänzung von Clusteranalysen liefern.

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  • Dr Guy
    Fagherazzi
    Director, Department of Population Health

    Head of the Deep Digital Phenotyping Research Unit Luxembourg Institute of Health

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