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Digitale Patientenüberwachung wagt erste Schritte

Bahnbrechende tragbare Technologie zur Fernüberwachung von PatientInnen mit orthopädischen Erkrankungen soll deren Versorgung verbessern und Langzeitfolgen verhindern

18 August 2022 5minuten

ForscherInnen des Luxembourg Institute of Health (LIH) und des Centre Hospitalier de Luxembourg (CHL) sowie das luxemburgische Technologieunternehmen IEE haben im Sommer 2022 das Projekt GAITORING gestartet. Ziel der Initiative ist die Entwicklung einer tragbaren digitalen Technologie, die den Pflegekräften Fern-Informationen zu der Fähigkeit ihrer PatientInnen liefert, ihre regelmäßigen täglichen Aktivitäten angemessen auszuführen. Die Erfassung von Daten über die Quantität und Qualität der Bewegung soll den Angehörigen der Gesundheitsberufe dabei helfen, die Versorgung ihrer PatientInnen zu verbessern und häufige Langzeitfolgen von orthopädischen Erkrankungen zu vermeiden.


PatientInnen mit häufigen orthopädischen Erkrankungen wie Verletzungen des Bewegungsapparates (z. B. Knieverstauchung) oder Arthrose, sowie mit Folgen chirurgischer Eingriffe benötigen in der Regel eine langfristige Nachsorge mit regelmäßigen Arztbesuchen und Rehabilitationssitzungen. Letztere entsprechen jedoch einer standardisierten Untersuchung in einer kontrollierten Umgebung. Sie gewährleisten deshalb nicht die kurz-, mittel- oder langfristige Rückkehr der Patienten zu deren täglichen Aktivitäten ohne Beschwerden oder funktionelle Beeinträchtigungen.

Außerhalb des Krankenhauses nehmen Betroffene während der Genesung oftmals unbedachte Handlungen vor. Dazu können Veränderungen des Gangbildes, des Bewegungsverhaltens und übermäßige Belastungen im Alltag gehören, die das Risiko von Langzeitfolgen (z. B. Arthrose, Sekundärverletzungen) mit sich bringen. Da es dem Gesundheitspersonal derzeit nicht möglich ist, diese Veränderungen im Alltag zu beobachten, wäre eine Möglichkeit zur Überwachung der PatientInnen über den Behandlungssraum hinaus ein bedeutender Schritt in Richtung personalisierte Medizin. Dies würde die Anpassung der therapeutischen Strategien an die Genesung und den Lebensstil jedes einzelnen Betroffenen ermöglichen.

Um diesem Bedarf gerecht zu werden, suchen die ForscherInnen des LIH unter der Leitung von Dr. Laurent Malisoux von der Gruppe „Physical Activity, Sport and Health group“ in Zusammenarbeit mit der orthopädischen Abteilung des CHL und dem Technologieunternehmen Lux IEE nach einer digitalen Gesundheitslösung. Mit dem Start ihrer neuen GAITORING-Studie wollen sie ein Fernüberwachungssystem entwickeln und validieren, das Informationen über die Aktivität der PatientInnen während ihres täglichen Lebens sammeln kann.

Die Möglichkeit der Fernüberwachung von Belastungs- und Gangmustern bei PatientInnen würde den ÄrztInnen in vielerlei Hinsicht helfen, z. B. bei der Erkennung von Gangmetriken, die außerhalb des Normalbereichs liegen, bei der Vermeidung von Belastungen der verletzten bzw. operierten Gliedmaße oder umgekehrt bei der Kontrolle der fortschreitenden Belastung derselben. Daher ist die Überwachung der Fortschritte des Betroffenen im täglichen Leben für eine angemessene Anpassung der Behandlung von wesentlicher Bedeutung,

erklärt Dr Malisoux.

Ein Schlüsselelement des Projekts ist ein neues, tragbares technisches System namens ActiSense. Es besteht aus druckempfindlichen Einlegesohlen, die von den Sensorexperten des IEE entwickelt wurden. Sie werden in die Schuhe der/des PatientIn eingelegt und mit Trägheitsmessgeräten verbunden, die ihre/seine Bewegung erfassen. In Verbindung mit einer Analysesoftware, die diese Informationen auswertet, berücksichtigen die Daten nicht nur die Menge der Bewegung (z. B. Anzahl der Schritte, Treppensteigen pro Tag), sondern auch die Qualität dieser Bewegung (z. B. Schrittfrequenz, Kontaktzeit usw.).

„Die Gang- und Belastungsdaten werden über Bluetooth Low Energy an ein Smart Device übertragen und dann über eine Smartphone-Anwendung in die Cloud hochgeladen. Ausgewählte Ergebnisse werden der/dem PatientIn direkt in der App angezeigt, während das medizinische Fachpersonal über eine Weboberfläche auf detailliertere Datensätze zugreifen kann“, erläutert Martin Thinnes, Leiter des Bereichs Accelerator Printed Sensors and Wearables am IEE, das die Hardware entwickelt.

Die erste große Initiative des Programms, das im Juni anläuft, wird darin bestehen, das Feedback der potenziellen Endnutzer (d. h. der Angehörigen der Gesundheitsberufe) über ihre Bedürfnisse in der täglichen klinischen Praxis zu sammeln. Dies wird dazu beitragen, die wichtigsten Gangparameter zu ermitteln, die sie benötigen, um den Status und den Fortschritt ihrer PatientInnen zu beurteilen. In der nächsten Phase wird eine Validierungsstudie durchgeführt, um die Sicherheit und Leistung (d. h. Validität, Genauigkeit und Zuverlässigkeit) des Systems anhand von Goldstandard-Messungen in einer kontrollierten Umgebung zu bewerten.

Schließlich wird im Rahmen einer Machbarkeits- und Akzeptanzbewertung unter der Leitung des CHL untersucht, ob die neuartige Technologie aus klinischer Sicht erfolgreich eingesetzt werden kann. Freiwillige PatientInnen mit orthopädischen Erkrankungen werden gebeten, das Gerät eine Woche lang so oft wie möglich im Wachzustand zu tragen. So erhalten die ForscherInnen einen Hinweis darauf, ob die PatientInnen das Gerät effektiv nutzen werden und ob die gewonnenen Daten als relevant und nützlich für das medizinische Fachpersonal angesehen werden.

Der gesamte Prozess zielt darauf ab, das Feedback von Betroffenen und Klinikpersonal mit einzubeziehen, um die Technologie zu verfeinern und ein praktisches System mit maximaler Wirkung in der Praxis zu schaffen. Dies könnte dann zu gezielteren Studien führen, z. B. bei PatientInnen, bei denen ein Risiko für sekundäre Kniearthrose besteht oder die wegen primärer/sekundärer Osteoarthritis im Knie behandelt werden.

Das vorgeschlagene Projekt wird es uns ermöglichen, wichtige Schritte auf dem Weg zu einer neuen digitalen Gesundheitslösung für Betroffenen zu machen. Diese Innovation wird nicht nur anhand des aktuellen Goldstandards für Anwendungen im Zusammenhang mit dem Gangbild validiert, sondern es wird auch der regulatorische Weg zur medizinischen Zertifizierung des Geräts beschritten, was den Zugang für PatientInnen und KlinikerInnen gleichermaßen ermöglicht

fasst Dr Malisoux zusammen.

Das Projekt wurde im Rahmen einer gemeinsamen Ausschreibung des Fonds National de la Recherche (FNR), des Ministeriums für Wirtschaft (MECO) und von Luxinnovation finanziert. Die Studie soll bis November 2024 laufen, wobei die erste Feedback-Phase des Projekts im September beginnen soll. Weitere Informationen über GAITORING finden Sie auf dem LIH Research Portal.

Fördermittel und Kooperationen

Das PPP-Gesundheitstechnologieprojekt GAITORING wird vom Fonds National de la Recherche de Luxembourg (FNR) und dem Wirtschaftsministerium gemeinsam gefördert.

Scientific Contact

  • Laurent
    Malisoux
    Group Leader, Physical Activity, Sport and Health

    Department of Precision Health

    Contact

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